Virginia Woolf war der Überzeugung, dass Frauen unbedingt eines brauchen, um sich - schreibend - zu verwirklichen: geistige und finanzielle Unabhängigkeit, symbolisiert durch einen eigenen Raum. Für sich schuf sie diesen in der "Hogarth Press", die sie gemeinsam mit ihren Mann Leonard Woolf 1917 gründete. Der Kleinverlag war anfangs auch als Therapie für Virginia Woolf gedacht: psychisch labil konnte sie sich durch handwerkliche Arbeit wie Setzen, Drucken und Binden der Texte stabilisieren und daraus Kraft für ihr Schreiben finden. Darüber hinaus bot ihr der Verlag die Möglichkeit, ihre eigenen Texte zu veröffentlichen; in einem Brief an ihre Schwester Vanessa Bell (26. April 1917) meinte sie: "Ich bin die einzige Frau in England, der es freisteht zu schreiben, was sie will. Die anderen müssen an Serien und Auflagen denken."

Bis zu ihrem selbstgewählten Tod im März 1941 gab Virginia Woolf vielen Frauen die Möglichkeit, mit ihren Arbeiten öffentlich zu werden. Sie publizierten Texte, die vielfältiger nicht sein könnten, literarische Texte, gesellschaftskritische, philosophische und wissenschaftliche. Dementsprechend waren auch die Autorinnen: sie stammten aus den verschiedensten gesellschaftlichen Schichten, hatten unterschiedliche Ausbildungen, waren Schriftstellerinnen, Dichterinnen, Wissenschaftlerinnen, Journalistinnen, Politikerinnen, Frauenrechtlerinnen / Feministinnen etc., wurden berühmt, wurden wieder entdeckt oder gerieten in Vergessenheit. Eines jedoch hatten sie gemeinsam: sie suchten einen Platz, einen Raum, um sich zu verwirklichen, ihr Wissen zu zeigen, ihre politischen Standpunkte darzustellen, ihre künstlerische Begabung auszudrücken. Ein eigenes reales Zimmer hatten nur wenige, die "Hogarth Press" gab allen das imaginäre Zimmer, den Platz, mit ihrem jeweiligen Können an die Öffentlichkeit zu treten.

Virginia Woolf erinnerte in ihrem berühmten Text "A Room of One’s Own" der vielen schreibenden Frauen, deren Erfolg oder auch Scheitern mit der Möglichkeit eines eigenen Zimmers oder eines "Freiraums" verbunden war. Die folgenden Lebensgeschichten sollen die Frauen in Erinnerung rufen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in einer Zeit, in der Gleichberechtigung, Zugang zu wissenschaftlicher Ausbildung und politisches Mitspracherecht mühsam erkämpft werden mussten, "ein Zimmer für sich" in Virginia Woolfs "Hogarth Press" fanden.

SCHRIFTSTELLERINNEN, WISSENSCHAFTLERINNEN, POLITIKERINNEN



NEUERSCHEINUNG JULI 2022

 

Helga Kaschl: Frauen in Virginia Woolfs Hogarth Press, Verlag Autonomie und Chaos, Berlin 2022

Im Berliner Verlag Autonomie und Chaos erschien eine Online-Ausgabe von "Frauen in Virginia Woolfs Hogarth Press" mit zusätzlichen illustrierenden Hintergrundtexten:

 

autonomie-und-chaos.de/die-buecher/helga-kaschl-frauen-in-virginia-woolfs-hogarth-press

oder

d-nb.info/1262912083/34

 

Das Buch kann kostenlos gespeichert und bei Bedarf ausgedruckt werden (448 Seiten, Format A4).



Neben den Autorinnen sollen aber auch die Frauen nicht vergessen werden, deren künstlerische Arbeit – durch Illustration, Umschlagdesign, Buchbinden etc – zum Erfolg von Publikationen beitrugen. In der Hogarth Press war die Anzahl der Künstlerinnen, die an der Buchgestaltung mitarbeiteten, nicht sehr groß: hier vor allem Virginia Woolfs Schwester Vanessa Bell oder Trekkie Ritchie, die spätere Lebensgefährtin von Leonard Woolf.

Im Umfeld der oben genannten Autorinnen, von Virginia Woolf und dem Bloomsbury Kreis befanden sich aber auch eine Reihe von Künstlerinnen, die in den verschiedensten künstlerischen Berufen ihre Verwirklichung oder ihr „Atelier für sich allein“ suchten. Sie kamen aus der renommierten Slade School of Fine Art, der Central School of Arts and Crafts, dem Royal College of Art, der London Royal School of Arts und den zahlreichen Kunstschulen, verteilt über das ganze Land.

Ihre Ausbildung war oft fächerübergreifend und vielfältig: sie waren Bildhauerinnen, Buchbinderinnen, Buchgestalterinnen, Buntglasmalerinnen, Grafikerinnen, Holzschnitt- und Linolschnitt-Künstlerinnen, Illustratorinnen, Keramikerinnen, Litografinnen, Malerinnen, Modedesignerinnen, Schmuckdesignerinnen, Stickkünstlerinnen, Textildesignerinnen … . Einige wurden international bekannt, viele blieben im Schatten, ihre Arbeiten waren oft – wenn überhaupt – nur mit den Initialen signiert oder gerieten in Vergessenheit.

 

KÜNSTLERINNEN


Adamson, Sarah Gough

Adamson, Una Duncan

 

Bagenal, Barbara

Bell, Vanessa

Binder, Pearl (Polly)

Blacker, Thetis

Bowen, Stella

Brett, Dorothy

Bussy, Jane Simone

 

 

Campbell, Mary

Carrington, Dora

Collins, Elizabeth

 

Ellingford, Priscilla Mary

Etchells, Jessie

 

Freeman, Barbara Constance

Fry-Diamond, Pamela

 

Garnett, Rachel Alice (Ray)

Gill, Winifred

Graham, Betty

 

Hamnett, Nina

Henderson, Wyn

Hepworth, Barbara Elizabeth

Hermes, Gertrude

Hiles, Barbara

     siehe Bagenal

 

Manning Sanders, Joan

Marshall, Rachel Alice

     siehe Garnett

Marx, Enid

 

Nahabedian, Justina Rita

Nicholson, Nancy

Nicholson , Winifred

 

Parsons, Virginia

Parsons, Marjorie Tulip

     siehe Ritchie

Power, Anastasia

 

Raverat, Gwen

Rice, Anne Estelle

Ritchie, Marjorie Tulip (Trekkie)

 

Shepard, Mary

 

Watson, Elizabeth Irving

 

Yeats, Lily